Spätestens seit der Verhaftung des Vorstandsvorsitzenden der Audi AG ist auch der breiten Öffentlichkeit bekannt, dass mehrere deutsche Staatsanwaltschaften den sog. Dieselskandal unter die Lupe nehmen und unter strafrechtlichen Gesichtspunkten bewerten. Die Ermittlungen richten sich dabei sowohl gegen die (damalige) Führungsriege der Unternehmen als auch gegen die Automobilkonzerne selbst. Zwar existiert in Deutschland kein echtes Unternehmensstrafrecht. Geldbußen und Maßnahmen der Vermögensabschöpfung können Unternehmen dennoch empfindlich treffen. Es ist daher im Wirtschaftsstrafrecht üblich, dass Unternehmensverteidiger den Unternehmen zur Seite stehen und deren rechtliche Interessen im Verfahren vertreten. Sie koordinieren eine etwaige interne Untersuchung, führen Interviews mit Mitarbeitern durch und fungieren als Ansprechpartner für die Ermittlungsbehörden, insbesondere auch im Fall der Durchsuchung.
Die Strafprozessordnung sieht für die Unternehmensverteidigung besondere Verfahrensrechte vor und schützt das Verhältnis zwischen Unternehmensverteidiger und „beschuldigtem“ Unternehmen stärker als das klassische Mandatsverhältnis. In der Praxis sind die Grenzen zwischen Unternehmensverteidigung und „normaler“ Rechtsberatung allerdings nicht immer trennscharf zu ziehen. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Strafverfolgungsbehörden noch keine Entscheidung getroffen haben, ob überhaupt Maßnahmen gegen das Unternehmen geplant sind. Die Rechtsprechung erkennt zwar im Grundsatz an, dass eine Unternehmensverteidigung auch in Vorbereitung eines möglichen Verfahrens möglich sein kann.
Klar ist für die Gerichte jedoch auch: Nicht jede Krisenberatung ist Unternehmensverteidigung. Dies hat das Verfassungsgericht mit drei Leitentscheidungen vom 27. Juni 2018, die am 6. Juli 2018 publik gemacht wurden, noch einmal deutlich unterstrichen. Die Entscheidungen werden die anwaltliche Krisenberatung in Deutschland maßgeblich prägen.
Hintergrund und Anlass der Entscheidungen sind Durchsuchungen der Staatsanwaltschaft München II im deutschen Büro einer weltweit operierenden Großkanzlei. Diese war durch die Volkswagen AG mit der Aufarbeitung von Unregelmäßigkeiten im Zusammenhang mit dem sog. Dieselskandal mandatiert worden. Trotz des bestehenden Mandatsverhältnis wurden die Räumlichkeiten der Kanzlei im März 2017 durchsucht.
Das Bundesverfassungsgericht hat diese Durchsuchungen aus verfassungsrechtlicher Sicht gebilligt. Die Begründung lässt aufhorchen. Sie enthält drei zentrale Aussagen:
Der vom Bundesverfassungsgericht vertretene strikte Ansatz zwingt dazu, sich genauer mit der Ausgestaltung anwaltlicher Krisenberatung zu befassen und eine saubere Trennung zwischen laufender Beratung und Unternehmensverteidigung vorzunehmen.
Mandatsbeziehungen – insbesondere im Konzern – müssen klar definiert und abgrenzbar sein. Kanzleien und Unternehmen sollten sich den Risiken bewusst und auf die Eventualität einer Durchsuchung vorbereitet sein.
Wir bieten Ihnen hierzu gerne Schulungen an, in denen wir auf die Besonderheiten der aktuellen Rechtsprechung eingehen und im Lichte der rechtlichen Vorgaben aufzeigen, wie der Schutz von anwaltlichen Dokumenten und Berufsgeheimnissen auch gegenüber Strafverfolgungsbehörden wirksam gestaltet werden kann.
Die Gliederung unseres Workshops finden Sie hier:
Durchsuchung in Anwaltskanzleien
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